Selbstzweifel

Selbstzweifel

Nach aussen stark

In meiner Kindheit wurde immer alles von mir abverlangt, nur Leistung zählte. Irgendwie scheint einen das gewaltig zu prägen. Meine eigenen Ansprüche an mich sind extrem hoch. Inzwischen habe ich gelernt, diese ein wenig zu relativieren. Aber ich kann es nicht leugnen:

Ich bin ein Perfektionist

Perfektioniet

Aber längst nicht überall

Zu Hause kann ich gut den Haushalt liegen lassen. Ich kann nicht jede Speise kochen, eigentlich kann ich gar nicht gut kochen. Ich muss auch nicht perfekt aussehen. Ich muss nicht mit Markensachen aufwarten, ich muss mich nirgends in den Vordergrund drängen.

Aber wenn ich arbeite, dann sieht die Welt ganz anders aus. Die Erfahrung musste ich in meinem Arbeitsleben häufiger machen. Ich will eben eine guten Eindruck hinterlassen. Ich brauche die Anerkennung und ich liebe es, wenn ich eine Arbeit beende und diese auch noch richtig gut ist. Kritik kann ich annehmen, aber wenn ich mich ungerecht behandelt fühle, dann diskutiere ich bis nichts mehr geht.

Ich habe hohe Ansprüche an meine Arbeit. Sie scheint mich auszumachen und jeder weiss, Claudia liefert ab. Wehe dem, wenn das mal nicht funktioniert. Das lässt man mich deutlich spüren, denn von mir ist man das nicht gewohnt. Nein, von mir nicht.

Selbtbewusst? Stark oder schwach?

Ich werde immer als absolut selbstsicher angesehen, selbstbewusst, laut und präsent.

Aber bin ich das? Ist das nicht nur Schein? Mache ich mir nicht selber etwas vor? Ist das eine Fassade? Will ich nur alle meine Unsicherheiten verbergen? Schwäche nach aussen zeigen ist nicht gefragt! Das habe ich in meiner Arbeit deutlich zu spüren bekommen. Und es begleitet mich mein ganzes Leben, bereits als Kind. Leistung bringen, das war das, was zählte. Es ging sogar soweit, dass ich als Erstklässler ins Bett musste, als ich die Buchstaben „L“ und „M“ verwechselte. Brachte ich meine Leistung, dann hatte ich Ruhe. Ein Schutzschild?

Ich bin bei weitem alles andere als selbstbewusst. Selbstzweifel sind quasi mein 2. Vorname. Ich nehme sie für mich in Anspruch. Ich will ja alles gut machen, aber ist das gut genug? Ich habe Angst vor dem Versagen.

Ich hasse es, vor Leuten zu reden, Vorträge zu halten. Ich stehe nicht gerne vorne an, ich bin im Hintergrund zufrieden. Ich mag kein Aufsehen um meine Person. Background ist super!

Nein, ich bin nicht immer selbstbewusst, ich habe auch meine Fehler und ich mache Fehler. Und nein, ich kann da nicht immer drüber stehen. Selbstzweifel können mich auffressen. Ich kann nicht immer alles, ich weiss nicht immer eine Antwort. Das will ich aber auch nicht.

Angriff auf mein Selbstwertgefühl

Als ich endlich soweit war, meine Selbstzweifel abzulegen, Pläne und Ideen zu kreieren, ich mich nach aussen geöffnet hatte, im Reinen mit mir war, Fehler akzeptierte, klar meine Meinung sagen konnte, Dinge hinterfragte und nicht nur JA sagte – mit einem Schlag hat man mein Selbstwertgefühl mit Füssen getreten. Ein Tag, eine Stunde reichten aus, alles war kaputt. Mein kleines Kartenhaus fiel in sich zusammen. Und ich war wieder am Punkt Null angelangt.

Was habe ich gemacht?

Ich habe angefangen, mich selber in den Fokus zu stellen. Ich habe Mittel und Wege gesucht, um mir selber zu beweisen, was ich im Arbeitsleben Wert bin. Und am entscheidenden Tag habe ich nicht den Hauptgewinn gezogen, aber die Silbermedaille. Und die ist besser als alles andere. Ich habe erkannt, dass ich wieder in den Spiegel schauen kann, ohne mir etwas vorzumachen. Ich muss mich nicht verstellen, ich kann sein wie ich will. Reines Gewissen mit mir selber. Mein Ego habe ich abgelegt, ich muss nicht Gold haben, Silber reicht. Und ist mehr Wert als die verkehrte Welt oben dran, zumindest für mich. Um nichts in der Welt würde ich tauschen wollen.

Und so habe ich mein Selbstwertgefühl wieder getroffen, gepflegt und aufgebaut. Das heisst aber nicht, dass ich vor Selbstbewusstsein strotze, nein, ganz und gar nicht. Denn das wäre nicht ich.

Der Perfektionismus bei meiner Arbeit hat heute eine andere Bedeutung für mich. Hohe Ansprüche an mich habe ich auch nach wie vor. Leider manchmal auch an die Anderen.

In all der Zeit, wo man mir echt weh getan hat, ich voll im Stress steckte, ihn mir auch selber machte und zeitweise am Boden lag – nie kamen meine Angstzustände zurück.

Bis ich mich endlich entspannen konnte und all die Last von mir abgefallen war…

Nach aussen wirke ich stark, nach innen bin ich es noch immer nicht. Der Schein trügt!

Spiegel

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